KANADA 2019 – Dreizehn
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KANADA 2019 – Dreizehn

20 Jul 2019, Posted by Martin in Kanada | 2019

Heute gibt es in diesem Post zunächst recht viel Wort, erst unten folgt Bild.

Ich sitze in einem Kaffee knapp 40 km von unserer Unterkunft entfernt in Port McNeill und warte auf Karen, der vermutlich bald von seiner gut 4-stündigen Whalewatching-Tour zurück kommt, den ich ab sofort wieder K. nenne. Er sieht einfach nicht aus wie Karen und ist auch nicht meine Ehefrau :-). Ich habe die Zeit hier in der Nähe verbracht, bin im kleinen Ort herumgelaufen und von Davie gefahren worden, habe mir die Umgebung des kleinen Ortes angeschaut, habe etwas Kleidung und etwas zum Essen eingekauft. Bilder von hier werde ich später hochladen, das offene Internet im Kaffee oder die begrenzte Geschwindigkeit lässt es nicht zu.

Keine Woche mehr bis zum Rückflug. Wir werden morgen nach Nanaimo abreisen, dort eine Nacht zubringen, um dann am Sonntag mit der Fähre nach Vancouver zurückzukehren. Ein Zwischenfazit dieses Urlaubs zu ziehen, fällt mir ungemein schwer. Ich kann mich allenfalls in Eindrücken annähern…

  1. Es gibt auf Vancouver Island unglaublich viel Wald, die wenigen Straßen führen meist durch die Wälder, freie Flächen gibt es kaum, unglaublich schöne und atmosphärische Trails, von denen aus man die Pflanzenwelt bestaunen kann. Weniger durch bunte Blüten, als vielmehr durch diverse, teilweise satte Grüntöne werden die optischen Eindrücke dominiert. In den Wäldern herrscht Stille, gelegentlich sind Vögel zu hören. Leider bin ich keinem größeren Tier, wie Elchen, die er hier gibt, oder Schwarz-Bären begegnet. Wir haben Kolibris gesehen, selten mal Adler, Pfauen, andere Vögel und in einem Park Rehe. Gestern krochen mir nach dem Regen Nacktschnecken auf dem Betonboden vor der Holzhütte entgegen, ich mag sie nicht, habe sie freundlich weggeschubst, bevor sie auf mein Schuh krochen. Moskitos waren in der Dämmerung auch unterwegs, stachen in meine Hände. Die Luft ist sehr frisch, rein, erst dann realisiert man mal wieder die schmutzige Luft in Städten. Auf fast allen Trails ist man so richtig in der Natur, nur die durch Holzbohlen, Kies oder Sand befestigten Wege zeugen von der Anwesenheit des Menschen. K. sagt zur Natur: Frieden, Atmen, Entspannung, Beruhigung.
  2. Es regnet gelegentlich, dann auch mal mehr, insgesamt ist aber Trockenzeit. Viele kleine Flüsse liegen trocken, auch an den Buchten der Küsten, an Mündungen der unzähligen Flüsse sind meist breite Streifen trocken, der Boden und die Pflanzen zeugen von Wasser, was sich dort zu anderen Jahreszeiten befindet. Es ist Hochsommer, doch tagsüber sind kaum mehr als 20 Grad, abends kühlt es merklich bis auf 14 Grad ab. Selten scheint durchgängig Sonne, es ist wechselhaft, am Himmel sind oft recht schöne Formationen an Wolken zu sehen. K. hat mir dem Wetter kein Thema, wohingegen mir im Urlaub schon die weitestgehend durchgängige Sonne am blauen Himmel, höhere Temperaturen und Nächte, die so heiß sind, dass man kaum schlafen kann, fehlen. Ebenso vermisse ich das Baden im Meer. Doch das trübt meinen Gesamteindruck des Urlaubs relativ wenig.
  3. Die hier lebenden Menschen, die wir trafen, teilweise im längeren Gespräch, teilweise an der Supermarktkasse oder im Kaffee sind sehr freundlich, zuvorkommend. An anderer Stelle beschrieb ich schon den Straßenverkehr, hier fahren alle defensiv und entspannt. Gehupe auf der Straße habe ich bisher nie gehört, alle kommen mit maximal 110 km/h auf den Straßen zurecht, fast alle halten sich an das Limit. Insgesamt wirken viele Menschen hier tiefenentspannt. Spätestens hier habe ich den subjektiven Eindruck, dass die Menschen in der Heimat durchschnittlich weniger entspannt als mehr angespannt sind, nicht wenige ihre Unzufriedenheit und Gemecker mit Allem und Jedem auf einem Schild vor sich hertragen. Ich werde die Entspanntheit in Fässern von hier nach Deutschland importieren und teuer verkaufen. Ach, stimmt ja, ganz vergessen, ist ja Teil meines Berufes, Menschen u.a. zu mehr Entspanntheit zu verhelfen. Im Urlaub vergesse ich meist, was ich in der Heimat mache. Zum Charakter der Kanadier habe ich einen lesenswerten Blog gefunden: https://kanadastisch.de/die-kanadier-sind-fuer-ihre-freundlichkeit-bekannt/ K.: Sehr entspannte Menschen, in der Dienstleistung etwas zu amerikanisch, kein Gespür für Ironie, was K. als positiv bewertet, sie lieben ihre Natur, wissen, was sie daran haben, dieser Eindruck ergab sich für ihn auch aus Gesprächen mit Kanadiern.
  4. Viele Preise erscheinen höher als bei uns, Lebensmittel, Preis in Restaurants und vermutlich auch die Mieten. Es ist allerdings der eigene Maßstab anzulegen: Wir zahlen in Deutschland teilweise sehr wenig für Lebensmittel. Bei meiner Spontan-Recherche eben gerade im Netz zeigt sich, dass wir europaweit quasi durchschnittlich viel für Lebensmittel ausgeben, Spanien, Portugal und alle osteuropäischen Länder sind günstiger, alle anderen europäischen Länder teurer bei Lebensmitteln als Deutschland. Nun gut – hier ist es recht teuer. Dafür kann man Bekleidung etwas günstiger kaufen, was ich an den letzten Tagen in Vancouver erneut nutzen werde, zumal es andere Marken gibt. Ich bin so gut wie nie in Hannover in Shoppingstimmung, Kleidung kaufe ich meist in Berlin, Köln oder in Urlaubsländern. K.: Rauchen ist hier Luxus, ein Päckchen Tabak kostet ungefähr 33 Euro, eine Packung Zigaretten ca. 10 Euro. Eine Flasche Bier, 650 ml, ca. 4 Euro. Das hier gebraute Bier schmeckt sehr gut, hat oft eine fruchtige, vollmundige Note.
  5. K. ergänzt zur Umwelt: Es sind hier oftmals Hinweise über das Verbot von Müllabladen am Straßenrand zu finden: 2000 kan. Dollar als Strafe. 2000 kan. Dollar für das Hinterlassen von Hundekot oder Hunde an Stellen frei laufen zu lassen, an denen es nicht erlaubt ist. Man findet häufig Container zur Mülltrennung. Sowohl die Städte als auch ländliche Umgebungen sind frei von Müll.

Eine eigene emotionale Bewertung des Urlaubs abzugeben, ist schwierig. Zum einen mag ich Äpfel nicht mit Birnen vergleichen, jeder Urlaub ist einzigartig, jedes Ziel hat ein eigenes Für und Wider. Zum anderen ist dies auch immer stark davon abhängig, was man aus seinem Urlaub macht und mit welchen Ansprüchen man in den Urlaub fährt. Ferner hat es mit der psychischen Gesamtverfassung zu tun, in der man sich gerade befindet. Dazu später noch etwas. Pauschaltourismus wird nie meins sein, in Ferienanlagen sonst wo auf der Welt langweile ich mich spätestens am dritten Tag, 2 Wochen Robinsonclub-Urlaub in Griechenland reichen mir als Erfahrung, war trotzdem schön, da ich mit meiner damaligen Liebe reiste. Ich baue mir immer meinen Urlaub selbst zusammen: Flug (ups, dieses Mal wurde ich zu Business eingeladen, nein ich gewöhne mich nicht an Business, da es doch deutlich teurer ist als Economy, wohingegen ich zunehmend lieber 1. Klasse Zug fahre und dies beim frühen, zuggebundenen Fahren nur wenig teurer ist) | individuell gesuchte, vorher in guten Foren (Tripadvisor, lonelyplanet) nach meinen Kriterien positiv bewertete Unterkünfte, dann gerne Appartements zum Selbstversorgen oder kleinere familiäre Hotels, auch große Luxushotels finde ich mal für 2 Nächte spannend, spätestens dann kotzen mich wohlhabende Gäste, die auf mich manchmal auch arrogant wirken, und das Personal, was einen wie einen besseren Menschen behandelt, meist an – wobei ich selbst sicherlich ein überdurchschnittliches Einkommen habe und im weltweiten Vergleich „luxuriös“ lebe, etwas, was ich nie vergesse, unser Wohlstand sollte nie selbstverständlich werden | Orte, Plätze und Stellen an den Urlaubszielen, die ich mir vorher meist nach Recherchen aussuche, ohne zu viel voraus zu planen, auch das spontane Herumlaufen bis -irren gefällt mir, gerne ein Mix aus Metropolen und danach ländlich und viel Natur, ja und ganz oft da, wo auch viel Wasser ist, das ausreichend warm ist, dass ich mich da reinstürzen kann | möglichst Kontakt zu Einheimischen und auch Plätze aufsuchen, an denen nicht nur Touristen herumlaufen. Der Kontakt ist oft leicht herstellbar: Als schwuler Mann gibt es an fast allen Urlaubszielen schwule Szene oder andere (zunächst virtuelle) Kontaktmöglichkeiten, um Menschen dann real zu treffen – in explizit homofeindliche Länder würde ich nicht reisen, da Homofeindlichkeit für mich exemplarisch für Intoleranz einer Gesellschaft steht und ich solche Länder nicht bereisen möchte- es gibt eine weltweite homosexuelle Identifikation, d.h. ein Minderheitskriterium, was einen verbindet. So kann man viel über das Land und die Menschen schnell durch Einheimische erfahren. Man hat recht leicht die Möglichkeit, mit einheimischen Homos in Kontakt zu kommen, wenn man es möchte auch schnell sexuell, da unterscheidet sich kein Land von einem anderen, Männer sind halt im Grunde überall gleich, fähig zur reinen Körperlichkeit, ohne ein Wort zu wechseln (ich überlasse es der Fantasie der Lesenden, was das bezüglich meiner Reiseerfahrungen bedeutet, ich werde generell triebhafter eingeschätzt als ich bin, nur so viel: wirklich attraktive Männer habe ich wenig gesehen, da ist z.B. Spanien deutlich verführerischer für mich, na ok, der niederländische Tourist, der andeutungsweise auf dem post-einleitenden Bild zu sehen ist, gefiel mir, war aber vermutlich mit Freundin unterwegs). Hier in Kanada hatte ich einigen Kontakt im Gespräch und das war extrem einfach. Ich musste dafür nichts tun, nur alleine rumstehen, ich wurde in 2 Kneipen in verschiedenen Städten nach wenigen Minuten angesprochen, dabei war es beides Mal angenehm, nicht zu penetrant und beides Mal ohne das Gefühl, dass mein Gegenüber erwartet, dass ich mich später ausziehe, was ich erst später und dann alleine bis auf den meist schon schlafenden K. zum Schlafengehen tat…

Ich werde gerade unterbrochen, K. kommt anscheinend geflasht vom Walewatching zurück. Seine spontanen Eindrücke: Felsen mit Seelöwen, durch den Nebel atmosphärisch eingehüllt, einige Buckelwale, ganz viele Orkas (die laut K. fies sein sollen, weil sie mit ihrer tierischen Beute, die sie dann fressen werden, in der Gruppe spielen… Natur halt). Die Guides erkennen verschiedene Orkafamilien. Geräusche und Laute der Tiere waren durch Unterwassermikrofone hörbar, von Familie zu Familie unterschiedlich. Es gab wunderschöne kleine Inseln, der Eindruck der Natur vom Wasser aus ist ein anderer als vom Land aus, zumal viele Stellen gar nicht fußläufig vom Land zu erreichen sind. Es gab ausführliche Berichte von den Guides über die Tierwelt. Auch der Eindruck eines solchen Erlebnisses ist schwer in Worte zu fassen.

Zurück zu meinem subjektiven Eindruck und nun zum oben angedeuteten Einfluss meiner derzeitigen seelischen Verfassung auf die Reise. Ich bin im „normalen“ Leben mehr positiv als negativ, mehr optimistisch als pessimistisch, mehr humorvoll und lebenslustig als humorlos und und zeitweise lebensunlustig, mehr zufrieden als unzufrieden. Das ist aktuell zu häufigen Zeiten meiner derzeitigen Tage anders. Wer in den letzten Monaten etwas von mir mitbekam, weiß, dass ich mich seit inzwischen mehreren Monaten in einer intensiven, sehr emotionalen Lebensphase befinde, die auch durch tiefe Abstürze ins scheinbar Bodenlose und Unaushaltbare, durch viele Tränen und auch viel Wut bestimmt wird. Die tiefsten Täler habe ich verlassen, das ist mein fester Eindruck, doch immer wieder „rausche ich ab“, aber kürzer und nicht ganz so tief. Ebenso wissen vertraute Menschen, dass ich dies teilweise ganz bewusst nicht begrenze, sondern dafür nutze, mich mit bestimmten Lebensthemen zu befassen und mich mit meiner Vergangenheit zum wiederholten Mal diesmal emotionaler als je zuvor auseinanderzusetzen. Ich habe weiterhin das Gefühl, dass sich bestimmte Stellen meiner Persönlichkeit verändern, ich gebe ein Stück weit mein Bedürfnis nach Kontrolle, nach Planbarkeit, nach Beherrschung der mich bestimmenden Lebensfaktoren auf, begrüße ein mehr an Spontanität. Und Freunde wissen auch, dass der für mich körperlich und seelisch so unglaublich attraktive und anziehende F. – meine unmögliche und zugleich mögliche Liebe – so etwas wie ein Auslöser, nicht jedoch die Ursache dieser Krise ist und dass zugleich andere Aspekte meine Krise mit bestimmen. Was hat das mit der Reise zu tun? Zum einen begleitet mich in Phasen des Nichtstuns hier – so ist das, wenn Mensch zur Ruhe kommen -, wenn ich nicht unterwegs bin, nicht von den Eindrücken dieses Landes live eingenommen werde, sondern Abends vor den jeweiligen Unterkünften mit Bierchen und gelegentlich Musik auf den Ohren sitze, viele Gedanken und Gefühle meiner aktuellen Themen und recht häufig taucht F. in meiner Fantasie vor mir auf. Größere Sehnsucht nach ihm folgt recht schnell und lässt mich dann auch traurig werden. Es gibt auch Abende mit sehr tiefer Traurigkeit und Tränen, die mich in den Schlaf begleiten. Wie geschrieben, dies unterbinde ich nicht, sondern lasse es zu. Zugleich komme ich zur Ruhe und kann auch die Atmosphäre von Kanada genießen und fühle mich dann seelisch ausgeglichener und gut gestimmt. Ich bin dankbar, dies hier erleben zu können und dankbar für die sehr angenehme und liebevolle Begleitung durch K., nur selten gehen wir uns auf den Geist, und wenn, dann sehr kurz. Ich möchte an dieser Stelle auch meinen Freunden, die mir in den letzten Monaten Halt in einer anscheinend haltlosen Zeit gaben, danken. Und ich danke auch F. für das, was er mir gab und gibt. Bei allem Genießen des Urlaubs: Die emotionale Grundverfassung reist mit, sie schleicht sich in das Gepäck, ob man will oder nicht, auch ca. 8000 km Entfernung zum eigentlichen Lebensmittelpunkt verhindern das nicht, warum auch: Denn Träger der Verfassung bin ich, sie ist nicht an der Ort gebunden.

Nun folgen Bilder des Tages, zunächst zwei Bilder vom Boot, auf das K. zum Waleschauen stieg, danach Bilder der Umgebung…

K. stellte mir Bilder vom Whalewatching zur Verfügung. Sie sind mit dem Smartphone aufgenommen, die Wale befinden sich beim Whalewatching immer zum Schutz der Tiere und der Menschen in einiger Entfernung, K. schätzt um 100 Meter Entfernung. Die Bilder wirken schon fast wie Gemälde. Mit der Digitalkamera von K. aufgenommenen Bilder kann ich aufgrund einer größeren Speicherkarte und eines fehlenden Kabels nicht auf mein Laptop transferieren…

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