PORTUGAL 2019 | DREI
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PORTUGAL 2019 | DREI

26 Okt 2019, Posted by Martin in Portugal | 2019

Ich wurde am Tag vor dem Abflug immer nervöser, hatte zeitweise die Fantasie, dass F. gar nicht mitfliegen würde. Viele Ängste im Leben sind irrational, eine Folge von Erfahrungen, sie  haben mehr mit der eigenen Person, als mit realen Menschen, Situationen oder der äußeren Wirklichkeit zu tun, so waren auch diese Befürchtungen mehr als irrational. Er kam am frühen Abend zu mir, ich packte meinen Koffer weiter und kochte noch eine Kleinigkeit. In der Nacht vor dem Abflug bemühten wir uns, früh zu schlafen – wir wurde einmal beide parallel wach, umarmten uns innig, es war gut, es war real, es wurde wirklicher, als die Wochen zuvor. Ich tat kaum ein Auge zu, 2:40 Uhr klingelte der Wecker, etwas verpeilt bereiteten wir uns vor und fuhren mit dem Wagen von F. zum Flughafen. Dauerparken am Flughafen ist günstiger als vermutet, deutlich unkomplizierter als nachts mit dem Taxi zum Hauptbahnhof zu fahren, um dort eine S-Bahn zu nehmen. Vorher online eingecheckt gaben wir die Koffer ab und saßen müde am Flughafen. In geringerem Tempo als wirklich wach liefen einige Gedanken, Gefühle und Bilder durch meinen Kopf, wir flogen los, ich war ziemlich erleichtert, froh, etwas durcheinander und mal kurz traurig.

In Faro angekommen, lief alles reibungslos und schnell, so wie erwartet, ich betrat vertrautes Terrain. Ich machte ein Upgrade des Mietwagens von der Golfgröße zu einem Kombi. Am ersten Tag durfte ich mir das gelegentlich von F. anhören, er hatte Spaß daran, mich damit zu foppen, dass ich ja unbedingt einen größeren Wagen gewollt habe, z.B. als wir uns am ersten Tag einmal in Lagos mit dem Wagen in engeren Gassen verirrten, ich da kaum durch kam, einmal fast mit einem Außenspiegel an einer Häuserecke hängenblieb, und auch mal andere Verkehrsteilnehmer übersah. Der Schlafmangel, die Aufregung und mein großer Wunsch, F. hier gut ankommen zu lassen, dass er vom Zauber Portugals eingefangen wird, unbedingt eine schöne Zeit miteinander zu haben, verhinderten eine sehr sichere Fahrweise. Alles ging gut, keine Beule am PKW. Der Mietwagen hat noch keinen Namen… hm… „monstro branco“ passt vielleicht.

Es war erst mal nur meine Fantasie, doch um 10 Uhr war es real: Nach der wunderbaren Begrüßung der lieben Tieren und Menschen auf der Quinta standen wir bei Sonnenschein auf der Terrasse und stießen mit Portwein an. Meine Ahnung, dass F. diesen Ort mögen würde und dass der Ort mit seinen Bewohnern auch F. Sympathie entgegen bringen würde, bestätigte sich. Am ersten Tag hatte ich nach kurzer Zeit den Eindruck, dass F. sehr schnell hier im Urlaub ankam. So hatte ich es vermutete, einerseits weil F. ist wie er ist, andererseits, weil es die Quinta leicht macht, hier anzukommen. Kann gar nicht oft genug meinen Dank an die lieben Menschen und Tiere hier ausdrücken. Wer es nicht schafft hier anzukommen, würde vermutlich nicht in meine Welt passen.

Unsere erste Tour führte nach Lagos. Zunächst gab es die Irrfahrt durch die engen Gassen in Zentrum, mit 2 Jahren zeitlichem Abstand erinnerte ich doch nicht mehr jeden Weg, den ich hier bereits fuhr, dann kamen wir schließlich doch noch dank Navi am „Farol da Ponta da Piedade“, mit Blick auf die Felsformationen und aufs Wasser, an.

Wir liefen mit Blick auf Wasser und die Felsen in der Sonne herum. Später fuhr uns montro branco noch zum „Praia do Canavial“, der Strand, den ich alle Jahre immer wieder aufsuchte, wir ließen uns treiben, liefen im doch recht kühlen Wasser herum und genossen die Wärme der Sonne und die wunderbare Atmosphäre. Nach dem Einkauf im großen Supermarkt ließen wir uns auf der Quinta treiben, erholten uns ein wenig von der Reise. Wir nahmen eine gemeinsame Dusche und ließen uns treiben. Sich treiben lassen, sich miteinander treiben lassen, so wie ich es in meiner schönsten Fantasie ausmalte, sich in der Hängematte treiben lassen… Auszeit. Die erste Nacht schliefen wir fest und tief nach dem Schlafmangel der Nacht zuvor.

Es ist schwer in Worte zu fassen, wie das funktioniert, was passiert, aber es geschieht immer wieder hier: In kürzester Zeit sind wir Teil der Familie Quinta – Olaf, Kati, Sebastian, Mirja, Julchen (eine super liebe Frau aus Hamburg, das zweite Mal hier, mit Sicherheit nicht das letzte Mal hier), Lotte, Freddy, Luna, Charly, und Gismo. Gismo ist ein großer, anfangs schüchtener Hund, der einen Tag braucht, um für ihn neue Menschen zu beschnuppern, bereits am zweiten Tag kam er zur Begrüßung angelaufen. Die Geschichte von Gismo verdeutlicht die Seele der Quinta: Er wurde von der Halterin, die in der Nähe lebte und die den Ort verließ an einer Kette auf dem Grundstück zurück gelassen. Sie sorgte nur noch dafür, dass ab und zu jemand kam, um ihn zu füttern, sonst blieb er sich selbst überlassen. Kati kümmerte sich ab und zu um ihn, mehrfach machte er sich von der Kette los, besuchte die Quinta, wollte nicht alleine an der Kette auf dem verlassenen Grundstück bleiben und inzwischen lebt er hier.

Wir verbrachten Zeit auf der Terrasse, es gab 100 Gespräche, 100 Geschichten, 100 schönen Momente, 100 Begegnungen. Ich werde generell sehr schnell in Auszeiten katapultiert, bereits am Abflugtag gerate ich in den Urlaubsmodus, ich vergesse schnell, was ich sonst so im Leben mache, mein Beruf und Alltagsdasein befindet sich dann hinter einer leichten Nebelwand, kommt mir dann entfernt vor. Das ganze funktioniert natürlich noch viel schneller, wenn man zurück zu „seiner Familie“ kommt. Es war spannend zu erleben, wie F. hier ankam. Er war schnell in Kontakt mit der Quinta und die Quinta mit ihm, „am Anfang etwas schüchtern, aber sehr angenehm und sympathisch“ kommentierte Olaf, was ich nur mit einem schweren Seufzer beantworten konnte. Wir gingen abends gemeinsam im Nähe gelegenen kleinen Ort Essen, F. sprach für seine Verhältnisse viel, ich war etwas überrascht, ich kannte bisher Felix halt kaum in Gesellschaft, da wir Zeit, die wir seit Februar ab und zu verbringen, immer zu zweit verbringen. Der Weg von der Quinta zum Restaurant – fußläufig 10 Minuten – gehört auch zum normalen Procedere: Oft wird er mit dem PKW genommen, damit die Hunde nicht mitlaufen, wenn man zu Fuß die kurze Strecke geht. So fuhren wir sechst mit einem Pickup, 4 im PKW, Kati und Julchen auf der Ladefläche.

Am 2. Tag des Urlaub fuhren wir mit Kati, Mirja und Julchen zum „Praia do Tonel“ in Sagres: Hohe Wellen, viele Surfer, zunächst bewölkt und später sonnig. Vorsorglich wurden Neos (Neoprenanzüge, fühlen sich schon sehr geil auf der Haut an, nein das ist kein Fetisch, das ist einfach nur praktisch) für F. und mich mit eingepackt. Zweimal ging ich ohne Neo ins Wasser, 16 Grad, nach einiger Überwindung passte es, paar Mal warf ich mich ins Wasser. Es kann nicht sein, dass ich hier bin und nicht ins Wasser gehe. Auszeiten sind für mich kaum Auszeiten, wenn ich nicht offenes Meer in der Nähe habe. Später ging ich mit F. in Neos bekleidet in Wasser, die Kälte des Wassers wurde abgehalten. F. im Neo, ein guter Anblick für mich, ein sehr guter Anblick.

Etwas später animierte mich Kati, mit ihrem Surfbrett ins Wasser zu gehen. Ich zierte mich etwas, hatte etwas Respekt, doch dann musste es sein. Sie instruierte mich weiter vorne im Wasser zu bleiben, um auf dem Board an den Strand zu gleiten. Mehr als ein Jahrzehnt ist es her, dass ich auf einem Surfbrett lag bzw. stand, ich paddelte los, wollte raus zu den schönen Wellen, doch Kati gab mir am Strand mit Gesten zu verstehen, nicht zu weit raus zu paddeln. Ich war angefixt. Einfach geil, im Wasser, mit einem Neo, auf dem Board liegend. Ich glitt mehrmals kürzere Strecken zum Strand, ein Wellenreitkurs steht in naher Zukunft an, in Portugal? Der 2. Tag dieser Auszeit fühlte sich an, als wären wir schon länger hier. Am Abend stellten wir fest, dass wir eine Stunde länger Urlaub haben werden: die Zeitumstellung. Wir spielten bis in die Nacht Rommee, tranken Medronje. Die Auszeit geht weiter, es ist Abend des 2. Tages.

Es geht mir gut, ich genieße jede Sekunde an diesem Ort, jede Sekunde mit F. und freue mich auf eine noch gute, entspannte Zeit hier miteinander. Ich werde mich in einigen Tagen wieder melden, wenn mir danach ist…

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