Portugal 2022 – VIER
7599
post-template-default,single,single-post,postid-7599,single-format-standard,central-core-1.0.1,ajax_fade,page_not_loaded,

Portugal 2022 – VIER

26 Mai 2022, Posted by Martin in Portugal | 2022

Wie immer fließt die Zeit an diesem Ort anders als an meinem anderen Lebensort. Die Tage sind mit kleinen Arbeiten, Nichtstun auf der Quinta, anfänglich gelegentlichen Stunden am Strand und abendlichen gemeinsamen Essen angefüllt. An jedem Tag fließt die Zeit, das Tempo des Flusses scheint sich über die gesamte Auszeit zu erhöhen. An einem bestimmten Tag weiß ich nicht mehr, ob ich z.B. gestern oder vorgestern die Wasserwannen der Pferde gefüllt habe – alle 2 Tage müssen beim aktuellen Wetter die Wannen gefüllt werden. Am vergangenen Montag kam Chrissie, eine Freundin aus Berlin, aus Olhão angereist. Dort war sie schon seit einiger Zeit. Ich holte sie am Bahnhof in Lagos ab, seitdem leben wir zu viert – Meik, Sirius, Chrissie und ich – in unserem Appartement wie in einer WG. Nach 3 Tagen gab es zwischen uns eine kurzen „Lagerkoller“. Unsere kurze Diskussion eskalierte ein wenig, ich schnauzte rum, Chrissie ging. 15 Minuten später ging ich zu ihr an den Pool, wir sprachen kurz, umarmten uns, alles war wieder gut. Naja – Chrissie hat genug Erfahrung mit Arschloch-Männern.

Bevor sie ankam, war ich mit Meik und Sirius ab und zu am Strand.

Sirius schaut und oft ungläubig an, wenn wir unsere Sachen am Strand zusammenräumen, um zur Quinta zurückzufahren. Vermutlich könnten wir den ganzen Tag am Strand bleiben, wenn es nach ihm ginge. Er verlangt danach, dass wir seinen Ball weit weg werfen, er möchte in der Hitze herumlaufen und wirkt in solchen Momenten wie ein kolossal glücklicher Hund. Er frisst beim Bälleholen nicht wenig Sand, seine Schnauze ist dann immer paniert. Wenn er nach einem solchen Tag beim Einschlafen zwischen Meik und mir liegt, hat man eine ziemlich heiße Wärmflasche am Körper. An dieser Stelle: Wir hausen in dem Appartement, in dem wir 2014 beim ersten Quinta-Aufenthalt hausten. Wir schlafen zusammen in dem gleichen Bett. Für viele mag es komisch anmuten, als Ex-Partner so zusammen eine Auszeit zu nehmen. Das geht mit Meik und mir wunderbar. Alles gut – und nein, Kathi und Olaf – auch wenn Ihr am liebsten möchtet, dass wir wieder ein Paar sind, ist nicht. Der Weg vom Strand zurück zur Quinta führt durch Barão de São Miguel.

Genau wie ich sind Meik und Chrissie keine „normalen“ Gäste, wir gehören alle zur Familie. So sucht sich jeder seine Tätigkeit. Meik wird hier öfter Poolboy genannt. Er hat es sich zu Beginn zur Aufgabe gemacht, den Pool wieder nutzungsfertig zu machen, hat viel Laub rausgeholt, das Wasser mit einigen Pülverchen in Poolwasser verwandelt. Jetzt holt er täglich wenige Blätter aus dem Wasser. Er belohnt sich dann auch immer mit einer Runde Entspannung im Pool. Ich war vor einigen Tagen mit Olaf beim Chinamann: ein recht großes Kaufhaus hinter Lagos, in dem es diverse Haushaltsartikel in sehr günstiger Variante gibt. Unter anderem brachte ich von dort einen Schwimmreifen und einen Flamingo mit.

Sirius hat es sich auch am Pool zur Aufgabe gemacht, uns auf Trapp zu halten. Er hat ein Gummitier entdeckt, womit er eine Zeit lang herumspielt, bevor er es in den Pool stupst und verlangt, dass es wieder zu ihm rausgeworfen wird. Einmal ist Sirius und einmal ist Lea in den Pool gefallen, kurzum – Sirius erhielt für diesen Tag seine Schwimmweste. Von alleine kommt er nicht aus dem Pol heraus, da der Abstand Wasseroberfläche / Poolkante zu groß ist.

Pool ist wunderbar, wenn wir von der Quinta nicht wegkommen bzw. wegfahren wollen, doch Strand ist immer wieder noch schöner.

Birgit, eine Freundin von Olaf, freute sich schon sehr auf uns. So fuhren wir auf ein paar Bierchen zu ihr. Es war für Sirius und uns wieder ein Test: Sirius traf dort auf die beiden Rüden von Birgit. Ging alles gut. Kurze Zeit vorher und wenige Situationen danach hatte Sirius eine Keilerei mit Babsi, der 5 Monate alte neue Quinta-Hundedame. Birgit lebt in der Abgeschiedenheit 20 Fahrminuten von der Quinta entfernt. Es ist irgendwie ein magischer Ort. Wenn man auf ihrer Terrasse sitzt, hört man nichts, allenfalls das Rauschen der Blätter durch den Wind. Auf der Quinta Panoramica ist es auch ruhig, allerdings hört man selten ein PKW in der Entfernung oder irgendwelche in Hörweite lebenden Hunde, die anschlagen. Hier scheint jeder Grundstückbesitzer einen Hund zu haben, der das Areal bewacht. Die Ruhe bei Birgit hat in der Stadt lebender Mensch nie.

Montag holte ich dann Chrissie ab. Wir landeten um 10 auf der Quinta. 2 Pferde mussten umgestellt werden: Spock und Fanny standen einen guten Kilometer von der Quinta entfernt, sie sollten wieder auf das Gelände der Auffahrt zur Quinta zurückkehren. Kurzerhand wurde Chrissie getestet: Kurz gefragt, ob sie sich zutraut ein Pferd zu führen. Wenige Momente später brachte sie mit Kathi Spock und Fanny nach Hause. Sie stolperte zwar einmal kurz, landete in einem kleinen Graben, richtete sich wieder auf, rückte ihre Krone zurecht und weiter ging es. Damit war sie in die Familie aufgenommen.

Meine Tätigkeiten waren bisher wieder andere als sonst. Mit Olaf räumte ich einen Raum an seinem Carport auf, wir installierten eine Halterung für zwei Gartentrimmer.

Olaf zeigte mir, an welcher Stelle in Barão de São João man den Wassertransporter füllen kann, wir fuhren an 4 Stellen, um den dort jeweils befindlichen Pferden ihre Wasserwannen zu füllen. Kurz Zeit später fuhr ich die Tour alleine. Recht schnell realisierte ich, dass ich den mit 1000 Liter beladenen Transporter defensiver fahren muss, als wenn der Tank leer ist. Das Gewicht des Wassers und die Bremsen des ca. 40 Jahre alten PKWs verlangen deutlich längere Bremswege. In den Dörfern in Portugal gibt es öffentliche Gratis-Wasserentnahmestellen. Mein Interesse an und Zuneigung zu den Pferden wird von Mal zu Mal hier mehr. Es sind so beeindruckende, wunder- und prachtvolle Tiere, die anders als Hunde eine längere Zeit der Kontaktaufnahme brauchen, bevor sie sich anfassen lassen. Es werden später noch weitere Pferdebilder folgen. Doch zunächst Bilder von der Wasserentnahmestelle und der Gegend drumherum.

Es dauert eine gute halbe Stunde den 1000-Litertank zu füllen. Als Chrissie mit dabei war, konnten wir abwechselnd in der Nähe spazieren gehen. Man gelangt recht schnell in die kleinen Gässchen des Ortes.

Ich komme zu Pferdegeschichten und Algarvehorsealarm zurück. An einem Pferdestellort traf ich auf ein weißes älteres krebskrankes Pferd. Es ist recht abgemagert, man kann die Rippen sehen. Es wird nicht weiter behandelt, sondern darf mit einem anderen Pferd sein weiteres hinsichtlich der Dauer nicht vorhersagbares Leben leben, es soll sich einfach noch wohlfühlen können. Genau dafür liebe ich Olaf und Kathi.

Die Intelligenz von Tieren ist nicht zu unterschätzen. Spock und Fanny auf dem letzten Bild verstehen, was man vorhat, wenn man mit dem Wasser-Pickup ankommt. Sie stehen ja erst seit kurzem wieder direkt bei der Quinta. Nach einem Tag stellen wir fest, dass die Wasserwanne nicht ganz dicht ist, sie war bereits nach einem Tag leer. Wir tauschten die Wanne aus und als ich mit dem Pickup ankam, kamen sie wiehernd zur Wanne gelaufen und warteten darauf, dass Wasser in die Wanne floss. Gierig tranken sie sofort. Gestern brachte ich Kathi eine Fliegenabwehr-Lotion zum Trainingsplatz der Pferde. Kathi war mit Jara und Kickie beschäftigt. Beide sind recht jung und nicht zugeritten. Für die Weitervermittlung der Pferde ist es gut, wenn sie eingeritten sind. Beide sollen weiter vermittelt werden. Ob Kickie weitervermittelt wird, bleibt abzuwarten. Stan, der Partner von Kathi, der gerade in Deutschland ist, hat sich in Kickie verliebt. Er hat bisher wenig Reiterfahrung, hat vor Kurzem einen Reitkurs gemacht und möchte vermutlich Kickie behalten. Kathi hat es sich für die nächsten Wochen zur Aufgabe gemacht, dass beide Pferde lernen, wie es ist, wenn Menschen auf ihnen sitzen. Ich lieferte die Lotion ab und blieb noch eine Stunde, beobachtete das Geschehen. Zwischendurch beschäftigte ich mich mit den Hunden Gizmo, Babsie und Lotte. Sie hatten Kathi zum Trainingsplatz begleitet. Außerdem nahm ich Kontakt zu beiden Pferden auf. Während Kathi mit einem Pferd beschäftigt war, ging ich zu dem anderen. Erst mal ruhig in die Nähe stellen. Nach kurzer Zeit trauten sich die Pferde beide näher heran, zuerst hielt ich meine Hand hin, damit sie zur Begrüßung kurz an mir schnuppern können, dann ließen sich von mir ausgiebig streicheln und massieren – sie genossen es. Es ist kaum in Worte zu fassen: Alleine schon die Hand längere Zeit auf einem mächtigen, warmen Pferdekörper ruhen zu lassen, ist ein wunderbares Gefühl. Wenn das Pferd Vertrauen fasst und signalisiert, dass es die Berührungen mag, ist die Mensch-Pferde-Beziehung initial hergestellt – beide genießen den Körperkontakt. Intensiver war es zwischen der weißen Pferdedame Jara und mir.

Hinsichtlich des Trainings mit Pferden gibt es wie beim Training mit Hunden sehr unterschiedliche Überzeugungen. Die beiden Pole des Kontinuums sind „schnell, auch mit Gewalt, den Tieren etwas beibringen“ bis hin zu „den Tieren das Lerntempo und die Lerninhalte mehr überlassend, mit Respekt und Liebe den Tieren zu begegnen und ihren Willen akzeptierend“. Vor wenigen Tagen war eine Hundetrainerin vor Ort, Um Kathi und Olaf ein paar Anregungen zu geben. Dies wurde nötig, da die 5 Monate alte Babsi neu im Rudel ist und sie definitiv einigermaßen gut auf der Quinta „funktionieren“ muss, da sie voraussichtlich eine Schulterhöhe von 60-70 cm entwickeln wird und damit untragbar wäre, wenn sie zu aggressive Seiten entwickelt. Sirius „nordet“ gerne Welpen und Junghunde ein, möchte ihnen vermutlich vermitteln, dass er das Sagen hat. So kam es wenige Male zu etwas ernsthafteren Keilereien zwischen Sirius und Babsi. Babsi hatte eine zeitlang danach so viel ängstlichen Respekt vor Sirius, dass sie sich nicht mehr auf die Terrasse traute und viel Zeit mehr bei Kathis 200 Meter entfernten Wohncontainern verbrachte. Meik, ich und Sirius waren beim Hundetraining dabei. Die Situation zwischen Sirius und Babsi forcierte Kathi nochmal mehr, die Trainerin kommen zu lassen. Jene Hundetrainerin hat eine ähnlich Philosophie mit Tieren wie Kathi und Olaf: Alle Tiere haben jenseits von rassespezifischen Merkmalen einen eigenen, individuellen Charakter. Hunde wie Tiere lesen Menschen extrem gut, verstehen die Mimik, Gestik, Körpersprache und den Tonfall des Menschen. Es gilt, dies bei der Interaktion bewusst zu nutzen. Ferner ist der jeweilige Wunsch und Wille des Tieres ausreichend zu respektieren. Menschen müssen das Vertrauen in einer liebevollen Beziehung zum Tier erst mal gewinnen, bevor trainiert wird. Das braucht Zeit. Zum Abschluss des Hundetrainings bekamen Kathi und Olaf für die kommenden Tage Bedenkzeit, ob die Chemie zwischen ihnen und der Hundetrainerin passt und sie wieder kommen soll. Die Aufgabe für eine Woche war es zunächst, darauf Einfluss zu nehmen, wie das Hunderudel PKWs, die die Auffahrt zur Quinta hochkommen, begrüßen. Bei vertrauten Menschen und PKWs begrüßen die Hunde die Menschen sehr freudig und stürmisch. Gizmo möchte am liebsten trotz seiner Größe sofort den PKW besteigen um den noch im Wagen sitzenden Menschen bei offener Tür zu begrüßen. Bei unbekannten, fremden PKWs und Menschen bestürmen die Hunde die Menschen recht wild bellend „was willst Du hier?“. In beiden Fällen – bei bekannten und bei unbekannten Menschen – sollten die Hunde die Begrüßung defensiver statt finden lassen – das war das Ziel. Wir mussten dafür, die Hunde durch Gesten und wenige Worten in klarem, verbietenden Ton wegschicken, sie ignorieren. Sobald sie sich etwas beruhigt haben, dürfen sie dann freudig begrüßt werden. Das klappte sofort. Beim Pferdetraining und Zureiten der Pferde ging Kathi bereits analog zur Haltung der Hundetrainerin vor, das tat sie vorher schon. Sie sprach viel mit den Pferden und respektierte, wenn Jara oder Kickie Vorhaben von Kathi nicht sofort umsetzten, sie überließ den Pferden das Tempo. Kathi legte sich vorsichtig auf die Pferderücken und ließ die Pferde mit ihr auf dem Pferd liegend und noch nicht sitzend herumgehen. Kickie graste erst mal ein paar Grasbüschel als Kathi auf ihr lag, auch das war ok. Kurze Zeit saß Kathi auf dem Sattel. Ich bin selbst immer mehr daran interessiert, mit den Pferden vor Ort zu interagieren. Mal schauen, wann bei einem meiner nächsten Auszeiten auf der Quinta Zeit dafür ist, dass Kathi mir z.B. vermittelt, wie man Pferde herumführt. Es braucht Zeit und ich nehme mir die Zeit. Ob ich mal auf den Pferden sitze, werde ich dann sehen.

Vorgestern war Olaf mit Meik, Chrissie und mir auf einem Bauernmarkt in Lagos. Wir liefen noch ein wenig in Lagos herum und trafen später Kathi in einem Restaurant.

Ich schließe diesen Post mit einigen Bildern ab. Die Zeit fließt. Ich werde gleich Kathi an zwei Überseecontainern in der Nähe des Pferdetrainingsplatzes treffen. Wir wollen da etwas aufräumen, überall liegen dort alte Paletten, Planen und diverse andere Dinge an verschiedenen Stellen herum. Wenn noch Zeit bleibt, werde ich mich noch eine Stunde um den noch hühnerlosen Hühnerstall kümmern. Der Zaun, der die Hühner vor Füchsen oder anderen hühnerhungrigen Tieren schützen soll, muss überprüft werden. Olafs Wunsch ist es, dass wir zusammen noch in dieser Auszeit 3 Hühner kaufen. Mehr sollen es nicht sein, da während meiner vorletzten Auszeit hier 12 Hühner nach einer Woche wunderbarem Leben in dem schönen Hühnerstall mit Auslauffläche von einem Tier getötet wurden. 3 Hühner sollen als „Testtiere“ reichen.

Miri, die ich inzwischen auch recht gut kenne, kam gestern spontan auf die Quinta. Sie mag nicht auf Bildern im Internet präsentiert werden, daher habe ich sie maskiert. Es war wunderbar sie wiederzusehen. Nach getaner Arbeit, die gleich beginnt, werden wir heute noch zu Birgit fahren. Wir werden grillen und nebenbei in ihrem Whirlpool auf der Terrasse sitzen. Wir werden den Tag Tag sein lassen, jeden Moment und uns miteinander genießen.

Sorry, the comment form is closed at this time.