QUINTA PANORAMICA 2021 | FÜNF
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QUINTA PANORAMICA 2021 | FÜNF

05 Aug 2021, Posted by Martin in Quinta | 2021

Donnerstag Morgen. Drei Tage noch. Ich habe Muskelkater und leichte Rückenschmerzen, bin die Dosis an körperlicher Arbeit nicht gewohnt. Eine angenehme körperliche und seelische Sättigung empfinde ich immer wieder und das zunehmend hier. Ein wenig der körperlichen Aktivität möchte ich mit nach Hause nehmen, etwas mehr körperliche Aktivität in den Alltag integrieren versus Mindfuck-Job. Der gestrige Tag war so unglaublich voll. Nach Wachwerden und morgendlichem Begrüßen des Tages stand der Aufbau eines Containers an. Am Nachmittag fuhr ich an einen meiner Lieblingsstrände. Ab 18 Uhr stand der Umzug dreier Pferde von der Quinta auf eine Weide in der Nähe an.

Begrüßung des Tages

Ich liebe das Morgenritual: Das Tageslicht weckt mich meist nach 6 – 7 Stunden Schlaf, ich schleiche meist noch etwas schlaftrunken auf die Terrasse, ein paar Tassen Kaffee, ein paar Zigaretten. Oft bin ich der erste, irgendwann begrüßt mich eine Stimme aus dem Hintergrund, Olaf. Kurze Zeit später wird die Gastfamilie links wach, die beiden Jungs (8 und 10J. alt) kommen dann oft zu mir und wünschen Unterhaltung. Meist habe ich noch keine Sprechperlen eingenommen, bin dann etwas geizig mit den Worten, die aus meinem Mund purzeln. Das wichtigste ist es sowie so, die Hunde, die nach und nach auftauchen, zu begrüßen. Immer wieder finde ich mich irgendwo auf der Terrasse, im Appartement oder sonst wo auf dem Boden liegend vor, um ausgiebig mit Gizmo, Lotte, Charlie und Lea zu schmusen… ist ja keiner in der Nähe, dann ist es auch kein Problem jedem Hund einzeln zu sagen, wie lieb ich das jeweilige Vieh habe. Die Schweine kommen in dieser Auszeit recht kurz, die Hühner haben eine Sonderstellung. Erstmalig hat sich heute morgen ein Huhn etwas streicheln lassen, auch mit den Hühnern wechsele ich ein paar Worte, irgendwann gehe ich in Hühnergegacker über. Ich habe allerdings den Eindruck, dass sie meinen Dialekt nicht verstehen. Oft führt mich der Weg morgens ein paar Meter über das Gelände. Es ist immer wieder ein wunderbarer Anblick, auf die hügelige Pferdekoppel mit Spock und Fanny zu schauen. Ein wenig ruft dann auch immer Arbeit nach mir, 2 Pferde machen ganz schön viel Mist.

Lotte, die Mama von Sirius. Im Dezember wird sie 11 Jahre alt. Sie ist über die Jahre etwas grau geworden. Immer wieder bin ich Lotte für Sirius dankbar. Sie ist eine Prinzessin, die viel darf: Nein, am Tisch werden keine Hunde gefüttert, heimlich unter dem Tisch geht. Sie darf auch mit ins Bett, ab und zu geht sie abends mit zu Kathi, ab und zu bleibt sie, schleicht sich schon mal in mein Gästezimmer und macht sich mitten auf der Decke breit. Im Gegensatz zu Sirius zuhause liegt Lotte immer auf der unteren linken Hälfte meiner Decke. Einige Momente vorher auf dem Flusslauf der fließenden Zeit dachte ich mir, dass die Tiere auf der Quinta über die Jahre zunehmend das Regiment übernommen haben: 2014 war es deutlicher verboten, dass die Hunde oder Katzen in die Appartements gehen. Es wurde nie am Tisch nebenbei gefüttert, sondern nach dem Essen gab es Reste abseits des Terrassentisches am Boden. Gäste, die hier her kommen, müssen Tierliebe mitbringen, sonst sind sie hier falsch. Heute ist es so, dass es in der Verantwortung der Gäste liegt, ob sie eine Katze oder Hund ins Appartement lassen. Die Tiere haben viel Freiraum.

In der Sommerzeit ist es weniger möglich als sonst, Hunde mit an den Strand zu nehmen. An den meisten Stränden ist Hundeverbot, außerhalb der Saison scheint nicht kontrolliert zu werden, dann geht es besser. Doch Lea ist so klein, sie fällt kaum auf.

Containeraufbau

Das Tierfutter wurde bisher größtenteils in einem kleinen Raum am Carport gelagert. Jeden morgen hole ich hier das Hühnerfutter. Der Raum ist jedoch auch gut für Mäuse zugänglich. Die Quinta ist zwar tierlieb, aber Mäusezucht ist nicht im geplanten Programm. Daher hat Olaf einen kleinen Container bestellt, der am Montag Abend geliefert wurde. Wir waren für Mittwoch Vormittag verabredet, um den Container zusammen mit Stan aufzubauen. Kurzzeitig kam noch Brian, Freund der Familie, der mit seiner Frau und den beiden Töchtern bisher im oberen Appartement wohnte, dazu. Parallel war die Familie am packen, am Nachmittag ging ihr Flieger nach Frankfurt. Am Abend zuvor gab es noch ein großes Schnitzelessen mit Olaf, Kathi, Stan, Brian und Familie und mir auf der Terrasse.

Beim Containeraufbau benötigte die Bodenplatte am meisten Zeit: Wir mussten den Untergrund ausgleichen, geeignete Steine suchen, auf die dann dicke Holzplanken kamen, das Fundament war fertig, der Rest ging recht zügig. Eigentlich wollte ich heute Vormittag den Holzdielenboden des Containers mit Öl zum Schutz des Holzes versehen, doch die dahinfließende Zeit wird es verhindern. Ich werde mich demnächst von Joao N. vermutlich Richtung Portimao fahren lassen, um auf dem Rückweg zumindest kurz an einem Strand zu landen. So ist der Plan, die Holzdielen heute Abend zu bepinseln.

Strandbesuch

Mir wurde deutlich, dass es nicht nur viele, sehr verschiedene Strände in unmittelbarer Umgebung gibt, sondern das jeder Strand einen eigenen Charakter mit unterschiedlichen Facetten hat. Praia do Canavial: Diesen Strand entdeckte ich 2014 mit Meik, als mich das Schicksal das erste Mal auf die Quinta verschlug – wir verliebten uns auf Anhieb in diesen kleinen Ort. Ihn als einer meiner Lieblingsstrände zu bezeichnen trifft zu und trifft nicht zu. Es wäre Äpfel mit Birnen vergleichen. Beide Früchte können gut schmecken, haben einen unverwechselbaren Geschmack und müssen eigentlich gar nicht wertend miteinander verglichen werden. Trotzdem esse ich Äpfel etwas lieber als Birnen, dennoch haben Birnen ihren eigenen Wert. Genau so ergeht es mir mit den Stränden. Selbst die Strände, an denen sich vorwiegend Touristen, die sich wenig aus dem Radius ihrer Hotels bewegen, allenfalls mal einen Spaziergang durch Lagos und Selfies an den Klippen machen, tummeln und für Sonnenschirm mit Liege extra zahlen, sind schön. Halt nicht meine Welt, ich brauche hier in meinem Zimmer kein großen TV-Bildschirm, ein täglich gereinigtes Bad. Ich dusche sowieso nur alle paar Tage mal, ab und zu lecken Hunde meine salzigen Beine und Arme ab. Ich habe es nie und ich werde es niemals: Mich gerne in einer größeren Menge an Touristen, der ich letztlich auch bin, zu tummeln. Ich bin Tourist und irgendwie auch nicht, ich würde mich mehr als Auszeit-bei-meiner-Wahlfamilie-Reisender bezeichnen. Wie ich an anderer Stelle direkt oder indirekt schrieb: Wenn ich an die Algarve komme, kehre ich zur geliebten Familie zurück und fühle mich im Getummel der Lebewesen auf der Quinta unglaublich wohl. Das ist etwas anderes, als einen unbekannten Ort, eine unbekannte Umgebung fernab des Zuhauses zu erkunden. Die Momente, wenn ich zum Auszeit-Anfang in Faro lande, sind tief in meinem Herzen mit Glücksgefühlen eingegraben. Oft waren es sehr frühe Flüge. Landen, zügig das Gepäck schnappen, gemütlich zur Mietwagenstation gehen und ab geht es – eine Stunde PKW-Fahrt über eine inzwischen sehr vertraute Strecke mit zunehmender Vorfreue auf das Wiedersehen. Ein Gedanke zu den Spaziergängen in Lagos: Eigentlich laufe ich mindestens einmal auch während jeder Auszeit durch Lagos, erkunde weitere kleine Seitenstraßen. Dieses Mal ist es anders. Mein geplanter Aufenthalt in Lagos war kurz, ich fühlte mich sehr unwohl, wollte nur noch schnell weg, was ich auch tat: Trotz Pandemie war es auf den Touri-Wegen durch die Stadt recht voll. Menschen kamen entgegen und nahmen keine Rücksicht, liefen dicht an mir vorbei. Ich verfluchte kurz einige Dusselköppe, die mir zu nahe kamen, kaufte schnell Ibuprofen und verließ Lagos. Zurück zum Thema dieses Abschnitts – die Stände. Jeder mit einem facettenreichen Charakter. Je nach Jahreszeit, Tageslicht, Menge der sich dort aufhaltenden Menschen, Gäste oder Einheimische zeigt sich eine andere Facette des Charakters. Wer Wassersport machen möchte (Surfen, Bodyboarden, Schnorcheln, Tauchen, Kajaken usw.) muss sich nach der Natur richten und auf Gezeiten, Wind, Strömung usw. achten, um zum geeigneten Strand zu gelangen. Kathi zeigte mir dafür magicseaweed. com (https://de.magicseaweed.com/Lagos-Surf-Report/1128/).

Auf dem Weg zum Praia do Canavial fragte mich ein französisch sprechendes Paar nach dem Weg. Zum Glück ist der Strand etwas versteckt, es gibt keinen offiziellen Weg, man muss auf dem Weg an einer Stelle über ein Geländer klettern, um zu den provisorisch in die Felsen geschlagenen Weg bergab zum Strand zu gelangen. Der Weg geht zur Not mit Flipflops, besser ist festes Schuhwerk oder Barfuß, wenn man ausreichend Hornhaut unter den Füßen hat. Der Strand war ungewöhnlich intensiv belebt, doch nicht voll. Nach einer Stunde hatte ich die Fantasie, dass das Paradies mich aufgenommen hat: Superangenehme Atmosphäre, wunderbares Licht, angenehm kühles Wasser, der Anblick eines in der Nähe liegenden, attraktiven, jungen Kerls – einfach nur dasitzen, um auf das Wasser zu schauen, im Sand flanieren, über die Felsen zu kleineren Nebenstränden gelangen. Ich war schon oft hier, doch dieses Mal gab es ausgeprägtes Niedrigwasser, so dass ich durch kleine Felsspalten, die bei Flut unter Wasser stehen, zu kleineren Stränden gelangte, das Highlight war eine kleine Höhle, deren Decke in vermutlich 20 Meter Höhe fehlte: Strahlend blauer Himmel und ein wenig Licht drang durch das Loch in der Decke in die Höhle ein. Ich lasse Bilder sprechen.

Ich hätte noch stundenlang bleiben können, doch der Blick auf die Uhr erinnerte mich an eine Verabredung mit Olaf für den Pferdeumzug. So verließ ich den Strand, schaute einmal aufs Wasser und bedankte mich bei diesem magischen Ort für seine Erlaubnis, ihn besuchen zu dürfen. Als ich ging, kam die Fantasie aus, dass mich das Paradies nun wieder auskotzt.

Pferdeumzug

Am Vortag erfuhr ich vom Vorhaben Olafs, drei junge Pferde, die sich auf einer Weide des 32 ha großen Areals der Quinta befinden, an einen anderen Ort zu bringen. Ca. 30 Minuten Fußmarsch waren geplant. Auf dem Gelände der Quinta führte ich noch eins der drei. Sie waren unruhig, ich hatte keine Erfahrung darin, ein Pferd zu führen. Kathi war dabei, erklärte mir kurz, wie ich das Pferd führe, ohne dass es mich mit seinem kräftigen Körper in ein Dornengebüsch oder sonst wohin abdrängt. Als wir bei Oskar, dem Pony, das zu dem Zeitpunkt noch an einem langen Seil angebunden war, vorbeiliefen, war es vorbei: Oskar, der sich bereits viele Tage ab und zu wiehernd mit den drei Pferden, die nicht weit entfernt untergebracht waren, unterhielt, zeigte sich die drei noch unruhiger. Es schien als hätte Oskar, der sein Pimmel maximal ausgefahren hatte, Lust auf die hübschen Pferdemädchen bekommen. Eigentlich war der Plan, dass Olaf und ich die Pferde führen und Kathi mit einem Wassertransporter später folgt. Wir planten um, mein Respekt vor der Kraft der Pferde war zu groß, Kathi übernahm. Als Olaf und Kathi mit den drei Pferden am Areal von Spock und Fanny (ihre beiden Reitpferde), das sich direkt an der Auffahrt zur Quinta befindet, vorbeigingen, kam Spock in einem Affenzahn angaloppiert. Ich fuhr etwas später mit dem Wassertransporter hinter der Meute her. Huch, Servolenkung, gut greifende Bremsen? Fehlanzeige. Nach wenigen Meter war ich mit dem Wagen vertraut, ich lachte mehrfach leise vor mich hin, freute mich wie ein kleines Kind über das Fahren dieses „Oldtimers“. Ich war vom Containeraufbau und Strand-Zeit schon leicht gaga im Kopf, nun saß ich in diesem Auto hinter das Lenkrad gequetscht, es machte Spaß zu fahren. Schließlich fand ich den verabredeten Ort und traf auf Kathi, Olaf, Gizmo und die Pferde: Eine sehr große Weide, das an ein kleines landwirtschaftlich genutztes Areal angrenzt, im Hintergrund ein Haus und auf dem Gelände… Beauty. Ich sah Beauty, verliebte mich auf Anhieb in diesen jungen Schäferhund-Rüden, war von seinem Anblick verzaubert und nannte ihn sofort Beauty. Er soll vermutlich später mal das Areal bewachen, ich beobachte ihn kurz und merkte schnell, dass er in seinem jungen Alter alles andere als Bewachen im Kopf hat, sondern mehr Gizmo freudig ankläffen und sich von mir ausgiebig durch den Zaun streicheln zu lassen. Der Blick ging wieder nach links auf die Pferdeweide und mein Herz ging noch weiter auf: Die drei Pferde tollten auf der Weide herum, galoppierten kurzzeitig in einem Affenzahn in der Entfernung über das Gelände, Olaf machte paar Fotos und erschien glücklich. Große Wasserkübel wurden gefüllt – dafür musste der Wassertransporter hier her, der Stromzaun wurde in Gang gebracht. Der Rückweg war wunderbar: Ich saß mit Kathi und Gizmo auf der Plattform hinten, Olaf fuhr uns… Sonne, angenehme Wärme, Fahrtwind, ein Gizmo der sein Kopf in den Wind hielt, eine grinsende Kathi… was braucht es mehr?

Es ist Donnerstag 13:30 Uhr. Noch einige Momente auf dem Auszeit-Fluss. Morgen Nachmittag fahren wir an die Westküste an einen wunderbaren Strand, den ich Jahre nicht sah. Westküste, rauere Bedingungen, mehr Wind, mehr Wellen, Surfbretter, Bodyboard, Neos werden dabei sein. Schon jetzt empfinde ich eine große Vorfreude.

Hiermit schließe ich den wahrscheinlich vorletzten Post dieses Blogs. Carpe diem. Ich werde die übrige Zeit intensive Momente gepaart mit einer großen inneren Ruhe in mir aufsaugen, den Abschied dieser Auszeit zelebrieren. Im Moment des Schreibens bin ich schon bei meiner nächsten Auszeit hier. 2022? Unvorstellbar! Früher sehr sehr gerne, wenn mich denn die Quinta im Herbst oder Winter 2021 aufnehmen wird. Was auch passiert – meine Liebe zu diesem Ort wird immer in meinem Herzen bleiben, solange auch nur ein Tropfen Blut durch meinen Körper kreist…

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