Quinta Spätwinter | 2024 – Eins
01 Apr 2024, Posted by Portugal 18 | 2024 inRückblick
Seit 3 Wochen und 1 Tag bin ich wieder in Hannover. Mein 18. Aufenthalt auf der Quinta Panoramica liegt hinter mir. Flugtickets habe ich schon jetzt für 2 Wochen Auszeit im Juli und 2 Wochen im Oktober. Im Juli werden wir den 70. Geburtstag von Olaf feiern, im Oktober feiere ich meinen. Aus einer spontanen Idee wird Realität: 13 Freunde, von denen 11 Menschen die Quinta nicht kennen, werden mit mir eine Auszeit an meinem Herzensort verbringen. Ob ich bis Juli nicht vorher für zumindest 1 Woche zur Quinta reise, ist offen. Bis zu meiner Reise im Juli sind es noch gut 3 Monate, gerade unvorstellbar, es bis dahin auszuhalten.
Mein Blog zur 1. Auszeit besteht aus diesem einleitenden Post und einem weiteren Posts mit 3 zentralen Inhalten: Pferde, Hunde und anderes. Während meiner 2 Wochen habe ich die Quinta seltener als sonst verlassen. Ich hatte viel mit Pferden zu tun, werde immer wärmer mit diesen tollen Tieren. Die beiden Hündinnen Lui und Lea haben zusammen 8 Welpen zur Welt gebracht. Ich traf liebe Menschen, Paula und Birgit zu ihren Geburtstagen, war einmal mit Olaf in Sagres unterwegs und machte einen Halbtagesausflug u.a. nach Fuseta.
Die Diskrepanz zwischen meinen beiden Leben wird gefühlt intensiver. In Portugal, an der Algarve, auf der Quinta lebe ich. Ich fühle mich immer mehr in die Quinta-Familie integriert, der Kontakt zu den Tieren gibt mir unglaublich viel, die Natur, die Ruhe geben mir inneren Frieden. Ich genieße körperliche Arbeiten von Terrassenpflege bis Pferdefüttern. In Deutschland folge ich den notwendigen Realitäten: Geld verdienen, Aufgaben abarbeiten. Natürlich gibt es in Deutschland auch etwas daneben: Auch hier sind liebe Menschen, Freunde, die ich gerne treffe, und vor allem Sirius, der mich durchgängig an mein 2. Zuhause erinnert und das Bindeglied zwischen den Welten ist. Zugleich gibt es ab und zu eine innere Stimme in mir, die mich mahnt, positivere Alltagsgefühle und Zeitlosigkeit auch in Deutschland zu empfinden und nicht tagtäglich meine intensive Sehnsucht nach zukünftiger Lebenszeit in meiner Wahlheimat zu empfinden. Es wird ab Mitte April etwas Verbindendes in Hannover stattfinden: Mein Sprachkurs Portugiesisch beginnt.
Was habe ich eigentlich für ein Problem mit Deutschland? Ich bin in Deutschland geborener Mensch. Ich kann und will meine Herkunft nicht leugnen. Ich spüre immer wieder mal zwischendurch, wie sehr mich meine Eltern, meine Kindheit und Jugend und meine bisherige Lebenszeit mit allen Menschen, die früher wichtig waren und die heute wichtig sind, prägen und geprägt haben. Ich bin in Deutschland deutlich mehr mit dem zivilisatorischen und menschlichen Wahnsinn konfrontiert – und das beziehe ich nicht auf meinen Beruf als Psychotherapeut, ich meine mehr den Alltagswahnsinn und die alltäglichen Ereignisse: Nachrichten aus der Umgebung und der Welt wirken hier in unguter Weise intensiver auf mich ein und nähren meinen Zweifel an der Gattung Mensch. Ich bewege mich recht viel im öffentlichen Raum auf meinen Wegen zur Arbeit oder zwischendurch, habe subjektiv den Eindruck, dass die Menschen in Deutschland immer bekloppter werden. Ich bin tagtäglich konfrontiert mit Unfreundlichkeit, Rücksichtslosigkeit und Egozentrismus der Mitmenschen, bin selbst Bestandteil davon. Immer wieder mahne ich mich dazu, nicht genervt davon zu sein, durchzuatmen, mich zu entspannen, damit sich meine Wahrnehmung der Welt, wenn ich in Deutschland bin, nicht in projektiver Verkennung auf alles Negative ausrichtet. Sobald ich mich so entspannter fühlen kann, kann ich auch wieder liebe Menschen und gute Begegnungen wahrnehmen. Meine tagtägliche Challenge. Mit meinem Verstand als einfacher Mensch – nicht aus der Perspektive des verkomplizierenden Psychotherapeuten – betrachtet frage ich mich, warum Menschen sich selbst ihre Leben so schwierig machen und sich ständig gegenseitig bekämpfen und das Ohnmachts-Macht-Gerangel des Lebens zelebrieren. Ich frage mich, was für hohe materielle und moralische Ansprüche Menschen haben, ohne dies scheinbar jemals zu hinterfragen. Ein Begriff, der mir medial und in politischen Debatten immer wieder aktuell begegnet ist „Inflationsausgleich“. Ich verstehe das nicht: Gibt es eine übergeordnete Instanz der Lebensgerechtigkeit, die dem einzelnen Menschen etwas von einem Verlust ausgleichen muss, das menschengemacht ist und vielmehr Folge unseres unhinterfragten Konsumwahnsinns und des Wettkampfes um Wohlstand und materielle Ressourcen in der Welt? Wenn überhaupt Ausgleich etwas notwendiges ist, sollten Menschen mit hohen Einkommen weniger haben und Menschen, die mit Arbeit ihren normalen Lebensunterhalt nicht bezahlen können, mehr. Ich schreibe mich gerade eine unauflösbare Debatte, die mir ungute Gefühle und Fantasien bereitet – daher beende ich es jetzt. Durchatmen. Dankbar sein. Das, was ich jetzt in diesem Moment haben kann genießen. Vielleicht werde ich später noch den Post anfangen. Erst mal duschen, mit Sirius rausgehen. Das ist gut. Bis später oder so…
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