Quinta Spätwinter | 2024 – Zwei
24 Apr 2024, Posted by Portugal 18 | 2024 in20 Tage sind seit dem 1. Post zur 18. Auszeit inzwischen vergangen. Zwischendurch werden Bilder und Videos der Hundekinder in einer WhatsApp-Quinta-Gruppe hochgeladen. Die Welpen wachsen schnell, laufen herum und machen Unsinn, wie Hundekinder es tun. Es ist nicht leicht, nicht schnell ein Flugticket für Mai zu buchen, um eine Woche Entwicklung der Kinder mitzuerleben. Abwarten.
Pferde
Es gab 2 Reiteinheiten für mich. Einmal durfte ich auf Kathis Pferd Spock reiten. Wir machten mit 3 Pferden eine Runde über das Gelände zu einem kleinen See in der Nähe. Es ging auch bergauf-bergab, Maike vermittelte, wie ich meine Körperhaltung bei Steigungen verändere, es funktionierte und war ein wunderbarer Ausritt in Schritttempo.
Beim 2. Ritt durfte ich auf Gaio, dem Pferd von Olaf, reiten. Gaio ist in ganz eigener Art beeindruckend – groß, sehr breit, sehr kräftige Beine, er hat eine Statur einer Brauereipferdes, das vor vielen Jahrzehnten Pferdeanhänger mit Bierfässern gezogen hätte. Maike ließ mich ohne Sattel auf Gaio im Paddock reiten. Es ist nochmal ein viel intensiveres Gefühl, ohne Sattel zu reiten. Dann gibt es auch keine Steigbügel. Es ist spürbar notwendiger, die Bewegungen des Pferdes mit dem eigenen Körper auszugleichen. Maike hat als Yogaanleiterin einen guten Blick für Bewegungen von Menschen, sah sofort, wie ich mich mit den Beinen am Pferdekörper quasi festkrallte. Nachdem ich meine Beine auf ihre Anweisungen hin entspannt hängen ließ, merkte ich sofort wie mein Becken in teilweise sehr kleinen Bewegungen die Bewegungen von Gaio ausglich. Ein perfektes Training für eine leicht vorgeschädigte Lendenwirbelsäule.
Ich war täglich morgens dabei, mit Olaf, Maike oder Kathi die 8 Pferde Barbie, Funny, Gaio, Jara, Kiki, Pepita, Spock und Utz, die beiden Esel Carlos und Pepe, das Mini-Muli Alfons und den mit der Herde lebenden Ziegenbock Peter zu füttern. Egal, ob es regnete oder die Sonne schien. Zu dieser Jahreszeit gibt es Gras, das sie fressen können, es wird tagsüber mit Heu zugefüttert, morgens erhalten die Tiere Kraftfutter, das für jedes Tier individuell in Menge und zum Teil mit Medikamenten vorbereitet wird. Sie sollen zu dieser Jahreszeit besonders gut gefüttert werden und ruhig etwas an Gewicht zulegen, da die heiße, dürre Jahreszeit kommen wird. Meistens warteten alle Tiere an einer Stelle der Koppel, auf der sie übernachten, wenn wir später als gewohnt ankamen, oder sie hörten Olafs Pickup und kamen angelaufen. Sie wurden individuell oder in kleineren Gruppen geholt, damit sie zu ihren eigenen Futtereimer geführt werden konnten.
Während dieser Auszeit ergab sich eine etwas intensivere Verbindung zum Esel Pepe. Er kam oft angelaufen, und wollte an verschiedenen Stellen seines Körpers gestreichelt und massiert werden. Ab und zu streckte ich vorsichtig meine Hand aus, ließ das ein oder andere Pferd schnuppern, ich berührte dann vorsichtig das Gesicht des Pferdes. Ich ertastete die Wärme, Schönheit und Kraft der Pferde. Die Pferde ließen es zu oder setzten die Grenzen, die ich respektierte. Es war ein erhebendes Gefühl, ein Moment des inneren und äußeren Friedens zusammen mit dem Lebewesen, wenn ich vor einem großen Pferd in die Hocke ging und dem Pferd beim Abschnuppern die Regie überließ. Ich werde immer vertrauter mit den tollen Vierbeinern.
Die Pferde waren längere Zeit in Kleingruppen voneinander getrennt, nicht jedes Pferd versteht sich mit jedem. Seit einigen Monaten leben sie inzwischen in der Herde zusammen – es funktioniert, sie sind mal auf der einen, mal auf einer anderen Koppel auf dem Gelände der großen Quinta. Ab und zu werden sie auf ein Areals vor dem Hauptgebäude der Quinta in Richtung Dorf/Straße gelassen, dann sind sie von der Terrasse aus zu beobachten. Selten dürfen sie frei auf dem Gelände hinter dem Hauptgebäude, auf dem u.a. PKWs abgestellt werden, die Futtercontainer stehen oder der Weg zu Kathis Wohncontainer ist. Dann wird die Zufahrt zum Gelände geschlossen.
In der Anfangszeit kümmerten Olaf und ich uns um einen Heu-Futterplatz, füllten ihn auf. Die Pferde nahmen es dankbar an.
Das letzte Bild ist der Abschluss des Rittes auf Gaio über das Gelände.
Hunde
Diese Auszeit war neben Pferden von Hundegeburten geprägt. Am 03.03.2024 gebar Lui über mehrere Stunden 7 Welpen. Einige Stunden war ich dabei, hab einiges über Hundegeburten erfahren: Nach dem einzelnen Wurf fraß Lui die zum Welpen gehörige Plazenta auf, durchtrennte die Nabelschnur und leckte das Neugeborene ab. Der Fraß der Plazenta regt ergänzend das Mutterverhalten an. Vermutlich schießt dann ergänzend eine größere Menge Oxytocin in den Körper der Gebärenden – das Bindungshormon, das bei diversen Gattungen Bindungsverhalten und Nähewunsch auslöst. Nach kurzer Zeit kam am Anfang der nächste Welpe. Zwischendurch hechelte Lui intensiv – Geburten sind erschöpfende Höchstarbeit für den Hundekörper. Mit dem 7. Welpen rechnete niemand zunächst. Die Geburten von den Hundekindern mitzuerleben, waren viele besondere Momente, Mensch fühlt quasi mit.
Charlie, die Schwester von Sirius war zeitweise bei der Geburt dabei und schaute neugierig zu. Während der Auszeit zeichnete sich nach diversen Recherchen ab, dass die Geburten von Chihuahuas nicht selten kompliziert sind: Die Köpfe der Säuglinge sind oft für den Geburtskanal zu groß, so dass nicht selten Kaiserschnitte zum Einsatz kommen. Ich fuhr mit Lea zu einem Tierarzt und klärte es ab. Mit einem Ultraschallbild wurde deutlich, dass der Kopf des Säuglings 5 Millimeter zu groß für eine normale Geburt ist. Es wurde ein Termin 1 Woche später für den Kaiserschnitt vereinbart. Beim Tierarzt…
Am 08.03. war der Termin. Olaf und ich gaben Lea beim Tierarzt ab. Ich war in größerer Sorge um die kleine Leamaus, hoffte, dass sie den operativen Eingriff gut überstehen wird. Einige Stunden später konnten wir sie abholen, sie hat es gut überstanden. Sie gebar 1 Welpenmädchen, die Halbschwester von Luis Welpen ist, da der in der Gegend der Quinta herumstreunende Ferdinand Lui und Lea schwängerte. Ferdinand…
Eine weitere Komplikation bei Chihuahua-Geburten mit Kaiserschnitt kann sein, dass die Mütter ihre Welpen nicht annehmen: Der eigentliche Geburtsprozess ist für die Etablierung von Mutter- und Pflegeverhalten nicht unbedeutend. Lea wachte aus der Narkose aus und plötzlich ist ein Hundewelpe neben ihr, sie hat also die Geburt wegen der Narkose nicht miterlebt. Zum Glück tolerierte Lea etwas widerwillig und starr, dass Mimi – so heißt das kleine Mädchen – an ihre Zitzen durfte. Sie leckte Mimi allerdings nicht ab. Das Ablecken der Welpen ist wichtig. Denn dadurch wird der kleine Welpenorganismus aktiviert, zum Beispiel die Ausscheidungsvorgänge in Gang gesetzt. Am ersten Abend nahm ich Mimi in die Hand und massierte sie vorsichtig am Bauch. Kaum massiert, pieselte sie los. Kathi strich Hundeleberwurst auf den kleinen Körper, was Lea schnell ableckte, aber nicht das Pflegeverhalten in Gang setzte. Wir gingen zu Bett und ich war etwas um Lea und Mimi besorgt. Am frühen morgen wiederholte ich die Leberwurst-Prozedur. Als hätte sich ein Schalter bei Lea umgelegt: Sie find an, Mimi abzulecken – jetzt war sie vollständig Mutter. Interessanterweise lecken Mütter den Kot der Welpen sofort weg, wenn die Kleinen kacken. Auch das gehört zur Welpenpflege.
Weitere Hundebilder meines Auszeit. Wie immer sind die Hunde der Quinta eine zentrale Quelle, die mir warmes Wohlbefinden geben. Meine Hundeliebe wird über die Jahre immer intensiver. Egal, wo ich bin: Sobald ich irgendwo einen Hund sehe, zaubert mir das sofort ein Grinsen ins Gesicht, ich freue mich und spüre vermutlich die Minidosis Oxytocin, die in meinem Körper ausgeschüttet wird.
Katzen sind ja auch auf der Quinta. Mein Bezug zu Katzen verändert sich in den letzten Jahren, meine ausufernde Tierliebe impliziert auch Katzen. Ich gehe anscheinend anders auf die Katzen zu, mit ihnen um, sie belagern mich abends mehr als noch vor einigen Jahren, klettern auf meinen Schoß, laufen über die Laptoptastatur und machen weiteren Unsinn.
Wer nicht mag, dass eine der Katzen sich am eigenen Wasserglas zu Gange macht, muss es da hin stellen, wo sie nicht rankommen! Hier dürfen die Katzen das. Bereits in früheren Posts erwähnte ich, dass die Tiere auf der Quinta eigentlich das Sagen haben. Die Menschen sind Sklav:innen der Tiere, sorgen dafür, dass es allen Tieren gut geht. Achja, es gibt ja noch die beiden Schweine. I love Dolly und Shelly! Shelly hatte über längere Zeit heftigere Verletzungen an ihren Hinterbeinen, sie konnte kaum laufen und reagierte recht aggressiv, als ich mir ihr näherte. Vermutlich hatte sie auch heftige Schmerzen. Bei dieser Auszeit überraschte sie mich kolossal – sie konnte recht gut laufen, war viel vitaler als zuvor und ließ sich auch kraulen – mir ging das Herz auf.
Anderes
Ich habe die meiste Zeit dieser Auszeit auf der Quinta verbracht. Recht selten verließ ich den Ort. Vor einiger Zeit bin ich auf die in Portugal spielenden Lost-Romane von Gil Ribeiro gestoßen. Der 1. Roman spielt in Fuseta. In den Romanen werden die Orte, Menschen und Gewohnheiten von Portugal detailliert beschrieben. Einiges kommt mir vertraut vor. Zugleich entsteht in mir immer wieder Neugier, mehr zu erfahren über die Orte, Menschen und Gewohnheiten der Menschen des Landes, zu dem eine immer intensivere Beziehung entsteht. Seit inzwischen 10 Jahren finden meine Auszeiten auf der Quinta statt. Ich kenne Lagos recht gut, auch andere Orte sind mir vertraut. Doch es gibt so viel, was ich nicht kenne und das ich kennenlernen möchte – auch Orte, Regionen, Landschaften. So machte ich einen Halbtagesausflug, wollte Lost auf die Spur kommen. Ich fuhr nach Fuseta, der zentrale Ort des 1. Lost-Romanes, suchte den kleinen Fischereihafen auf. Ich fuhr von dort nach Olhão, der Ort, an dem eine gute Freundin von mir mehrfach war, besichtigte eine zerfallenen Kirche, die heute mit Graffitis übersäht ist.
Zu fortgeschrittener Zeit der Auszeit unternahm ich mit Olaf einen Ausflug zum Leuchtturm und Castel am Cap von Sao Vicente in der Nähe von Sagres, ein Ort der am süd-westlichsten Ende von Europa liegt. Oftmals stürmischer Wind, eine raue See und der weite Blick auf den weit entfernten Horizont lassen einen selbst klein und unbedeutend erscheinen. Alle Fantasien und Affekte, die sonst den menschlichen Körper in „zivilisatorischen“ Umgebungen dominieren, sind hier leiser bis nicht mehr wahrnehmbar. Hier fühlt man Natur, Wetter und einen kleinen Rest von Zivilisation.
Eine Fahrt zum Einkaufen nach Lagos verband ich mit einem Besuch bei meinem Stammfriseur Adrian. Nach vollbrachtem Werk mache ich jedes Mal das immer gleiche Foto. Alles diese Bilder in der zeitlichen Abfolge der Jahre wird zeigen, wie Adrian und ich älter werden. Wenn ich 10 Jahre mit Adrian „voll habe“, werde ich ihm vielleicht die Bilder ausdrucken und schenken.
Während 2 Wochen Auszeit war ich nur 1 x alleine zum Chillen an meinem „Stammstrand“, Praia do canavial, 1 x traf ich Miri, mit der ich zusammen mit ihrer jungen Hündin Tiffy einen Spaziergang mit dem Zwischenstopp an einem anderen Strand machte.
Abschluss Curta o momento | Carpe diem | Leben und Tod sind dicht beieinander.
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